Recht auf anonyme Bewertung im Internet

Herbstzeit ist Erkältungszeit. Das liegt auch daran, dass sich das Immunsystem den veränderten Wetterbedingungen nicht so schnell anpasst, dass der Körper damit umgehen kann. Und hat es einen dann erwischt, liegen die Nerven ohnehin blank. Überfüllte Wartezimmer, 2-Minutenbehandlung beim Arzt und nicht mal ein Rezept, sondern nur gute Ratschläge. Da sucht man sich doch als mündiger Internetnutzer erst mal ein Bewertungsportal und bewertet die Leistungen des Arztes. Da die Laune schlecht ist, wird die Bewertung schlecht ausfallen. Und da das Ganze anonym ist, kann nichts passieren.

So oder so ähnlich geschieht es täglich. Und so trägt es sich zu, dass von Nutzern abgegebene Bewertungen immer häufiger Gegenstand gerichtlicher Verfahren sind. Dabei geht es nicht immer nur um die Frage, ob die Bewertung als solche zulässig ist.

Das OLG Hamm befasste sich mit Beschluss vom 03.08.2011, I-3 U 196/10, zum einem mit dem Recht auf Anonymität im Internet und zum anderen mit der Zulässigkeit der Bewertung. Ein Patient hatte seinen Arzt auf einer Bewertungsplattform für Ärzte kritisch und anonym bewertet. Der Arzt verlangte vom Betreiber des Bewertungsportals Auskunft über die Identität des Verfassers und Entfernung bzw. Unterlassung der Bewertung des unbekannten Verfassers. Das OLG entschied:

Kein Anspruch auf Auskunft über die Identität des Nutzers! Denn gemäß § 13 IV TMG müssen Diensteanbieter die Nutzung von Telemedien anonym oder unter Pseudonym ermöglichen, soweit es technisch möglich und zumutbar ist. Außerdem würde die Verpflichtung – so das Gericht – sich namentlich zu einer bestimmten Meinung zu bekennen, allgemein die Gefahr begründen, dass der Einzelne aus Furcht vor Repressalien oder sonstigen negativen Auswirkungen sich dahingehend entscheidet, seine Meinung nicht zu äußern. Dieser Gefahr der Selbstzensur solle durch das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung entgegen gewirkt werden.

Kein Anspruch auf Entfernung/Unterlassung der Bewertung! Abzuwägen waren im Streitfall das Recht auf Kommunikationsfreiheit des Portalbetreibers und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Berufsfreiheit des Arztes. Die Interessen des Arztes stufte das Gericht als weniger schützenswert ein. Denn die Bewertung des Arztes betrifft seine berufliche Stellung (Sozialsphäre). Äußerungen, die lediglich die Sozialsphäre berühren, dürfen aber nur im Fall schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht (Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung, Prangerwirkung) mit negativen Sanktionen verknüpft werden. Die Bewertung war auch als zulässige Meinungsäußerung einzustufen (keine unsachliche Schmähkritik, keine Formalbeleidigung, kein Angriff auf die Menschenwürde).

Wie halten Sie es mit der Anonymität im Netz. Sollte der Nutzer verpflichtet werden, seinen Klarnamen anzugeben oder sogar seinen Ausweis zu hinterlegen? Teilen Sie Ihre Meinung hier im BLOG mit.

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