Rechtsstreit über Abmahnung Anneliese Kühn wegen Zitate von Karl Valentin

Wer schreibt, der bleibt, und zwar bis 70 Jahre nach dem Tod des Schreiberlings, zumindest wenn es um den Schutz des Urheberrechts an dem geschriebenen Text geht. Denn in § 64 UrhG ist geregelt, dass das Urheberrecht 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers erlischt. Voraussetzung ist jedoch, dass der geschriebene Text überhaupt Urheberschutz genießt. Dies erfordert, dass der Text eine „nur persönliche geistige Schöpfung“ ist. Es muß also etwas sein, dass das Alltägliche bei weitem überschreitet. Wenn dem so ist, wenn also der Text eine persönliche geistige Schöpfung darstellt, geniest der Text Urheberschutz, ohne dass hierfür ein besonderes Verfahren, eine besondere Förmlichkeit, ein Antrag oder eine Prüfung erforderlich ist. Auch eine Erteilung des Urheberschutzes oder eine Registrierung in einem Verzeichnis ist nicht erforderlich.

Und damit fangen die Probleme an. Gerne werden Sprüche oder Textpassagen von bekannten Künstlern auf Webseiten platziert, um diesen den Hauch einer Originalität zu verleihen. Doch dass kann teuer werden. Denn besteht an diesen Sprüchen oder Textpassagen ein Urheberrecht, benötigt man hierfür die Zustimmung des Urhebers oder seiner Erben. Liegt diese nicht vor, kann der Urheber den Verwender der Texte abmahnen. Ob an dem verwendeten Text ein Urheberrecht überhaupt besteht, ob also der Text eine geistige Schöpfung darstellt, muß der Verwender erst mal selbst ermitteln. Das ist schon schwierig genug. Als nächstens muß er sich um die erforderliche Zustimmung zur Verwendung entweder beim Urheber oder bei dessen Erben bemühen.

In einem Rechtsstreit vor dem Landgericht München stritten die Erbin des Künstlers Karl Valentin und der Betreiber der Website […]1000-zitate.de. Streitgegenstand war das Zitat des Künstlers Karl Valentin:

„Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut“

Das Zitat ist unter anderem in dem Band „Karl Valentins gesammelte Werke“ als Teil des dort abgedruckten Bühnenstücks „Oktoberfest“ unter Nennung des Autors Karl Valentin veröffentlicht. Das Zitat war ohne Zustimmung der Klägerin, nämlich der Enkelin und alleinige Rechtsnachfolgerin Karl Valentins (bürgerlicher Name Ludwig Frey), geboren 09.02.1948, auf der Internetseite […]1000-zitate.de eingestellt worden und dort von jedermann abrufbar gewesen. Die Enkelin verlangte Unterlassung von den Webseitenbetreiber. Dieser meinte, er sei nicht verantwortlich, da die Zitate von Dritten stammten und er sich diese nicht zu eigen gemacht habe.

Das LG München gab mit Urteil vom 04.08.2011, 7 O 8226/11, der Unterlassungsklage der Enkelin gegen den Webseitenbetreiber statt. Das Gericht stellte zunächst fest, dass das Zitat Urheberrechtsschutz genieße, da die Formulierung untypisch und durch eine komplizierte Ausdrucksweise geprägt sei, die von der Sprachüblichkeit erheblich abweiche. Das Urheberrecht der Enkelin sei nach § 19 a UrhG dadurch verletzt worden, dass der Spruch ohne ihre Zustimmung auf der Internetseite des Betreibers eingestellt worden sei und dort von jedermann abgerufen werden konnte. Der Betreiber habe nicht lediglich mit Hilfe eines Links auf einen fremden Internetauftritt verwiesen, sondern den betreffenden Spruch Karl Valentins in den eigenen Internetauftritt integriert. Der Webseitenbetreiber sei auch verantwortlich, sogar wenn man davon ausgehe, dass das Zitat von einem Dritten auf der Website eingestellt wurde. Denn er habe sich diese Inhalte zu eigen gemacht, und zwar nicht zuletzt durch das Impressum, sondern auch durch die auf jeder Seite erscheinende Anbieter-Zuordnung bzw. das Emblem „1000 Zitate.de“, zumal die Webseite der Beklagten dem primären Zweck der Verbreitung und dem Zur-Verfügung-Stellen von Zitaten dient.

PraxisTipp: Verwenden Sie im Zweifel keine fremden Texte oder holen Sie sich die Zustimmung des Verfassers ein. Oder lassen Sie zuvor prüfen, ob die Texte Urheberrechtsschutz genießen oder noch genießen. Kreieren Sie ihre eigenen Texte oder lassen Sie ihre Texte von jemandem schreiben, der sich damit auskennt. Das ist im Zweifel billiger, als eine urheberrechtliche Abmahnung zu kassieren.

Wenn Sie jedoch eine urheberrechtliche Abmahnung erhalten haben, können Sie diese hier Email (RAinSchuster@kanzlei-schuster.de) einreichen. Oder rufen Sie mich einfach an. Hierdurch kommt noch kein Mandatsverhältnis zustande und wir können besprechen, wie ich Ihnen behilflich sein kann.

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2 Kommentare:

wir haben aus der homepage einer Verbindung (VdSt-HD) ein Gedicht, das wir für ein Volkslied hielten, kopiert (Die alten Rittersleut) und es auf unsere homepage gestellt. – vor vielen Jahren.

Heute erhielten wir von einer Kanzlei http://www.ke-recht.de/anwalte/dr-peter-f-reinke/
einen Bescheid über 1000 Euro, wir könnten nur weitere Kosten verhindern durch sofortiges Zahlen.(Frist 10 Tage) Klar habe ich den Text kopiert, hielt ihn aber für ein altes Volkslied. Wie machen es eigentlich die vielen anderen Stellen im Netz, die auch den Text haben, dass die nicht auch verklagt werden. Gibt es hier eine Mediation zur Schlichtung oder hilft nur Augen zu, Geldbeutel auf und vergessen? Oder ist sogar das gefährlich?? Wer weiss da Rat. gibt es überhaupt eine so kurze Frist, darf man sich nicht mal erst verschnaufen? Naja. Valentin wäre dazu sicher ein Bonmot eingefallen…

[…] und witzig sind. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte neigt aber zu solchen Fehlentscheidungen: http://www.kanzlei-schuster.de/2011/…karl-valentin/ Wenn einzelne Wortwitze von unbekannten Autoren, die öffentlich frei vorgetragen werden dürfen, […]